Schmetterlinge küssen


Drei junge Erwachsene geben nichts auf das Bildungssystem oder irgendwelche Regeln. In der Schule waren Jake, Kyle und Jarred schon lang nicht mehr, stattdessen konsumieren derweil Drogen, hängen in der Bar eines Freundes herum oder schauen sich zusammen Pornos an.

Wieso tun sie das? Trotz ihres Alters?

Die drei Jungs sehen keinen Grund, sich für eine Leidenschaft einzusetzen. Selbst ihre Eltern gehen nicht zur Arbeit, die anderen Elternteile haben nicht mal einen Arbeitsplatz und sitzen den ganzen Tag mit Mengen von Dosenbier vor dem Fernseher. Sie kennen es einfach nicht anders. Das wichtigste für die drei Hauptcharaktere ist ihre Freundschaft, denn zusammen stehen sie alle Komplikationen durch.
Später bekommt man bei Jake das Gefühl, dass er einer der vernünftigeren sei. Er übernimmt sogar Verantwortung, indem er Babysittet und die kleine Christina Sympathie für ihn aufbringt. Eine seltsame Angewohnheit von ihm scheint das Beobachten von „Menschen“ zu sein, jedoch gilt seine Aufmerksamkeit beim Betrachten nur den kleinen Mädchen, auf die er ab und zu aufpasst.

Eines Nachts kann Jake gar nicht wahrhaben, dass seine Freunde ihn verraten haben. Sie gaben einem Mädchen Geld dafür, mit Jake zu schlafen. Als das ans Licht kommt, bricht Jake in Verzweiflung und Wut aus. Man sieht, wie er sich in das Zimmer der kleinen, jungen Christina schleicht und sie plötzlich nach ihrer Mutter schreit.
(Achtung Spoiler)

Jake hat eine Vorliebe für Kinder. „Butterfly Kisses“ thematisiert sehr differenziert das Thema Pädophilie. Woran denkt die graue Masse, wenn sie einen Artikel über ein Vergehen liest? An alte, abstoßende, schwergewichtige Monster, die erotische Gedanken an junge Kinder haben . Diese Personengruppe gehört nicht in die Gesellschaft, diesen Menschen wird jegliche Würde abgesprochen. Es wird kein weiterer Gedanken an den Täter an sich verschwendet, auch wenn Pädophilie bei aktiver Ausführung offiziell als psychische Störung der Sexualität zu sehen ist.

In diesem Fall lernt das Publikum den 19 jährigen Protagonisten als postpubertären Jungen kennen, dem es etwas an Reife mangelt und unter einem gestörten Familienverhältnis leidet. Doch dass er Verbrechen solcher Art begeht, würde man ihm nicht auf den ersten Blick zu trauen. Wie muss das für seine besten Freunde sein, die ihn schon lang kennen?
Auch der Zuschauer weiß nicht recht, ob er Mitleid oder Ekel aufbringen soll. Wie man so etwas in der Realität handhaben oder damit umgehen soll, ist nicht zu beantworten. Mit so einer Situation wird man selten konfrontiert oder überhaupt informiert.

Sehr spannend und unvorhersehbar bleibt „Butterfly Kisses“ also bis zum Ende, weil man die gute Auflösung erfahren will. Doch diese kommt nicht. Es gibt keinen, der diesen Jugendlichen helfen oder Verantwortung übernehmen will.
Der Film wirkt so trist und ausweglos, was perfekt passend mit dem Schwarz-weiß Kontrast untermalt wird. Dadurch verliert man zusätzlich das Zeitgefühl, was die Belanglosigkeit des leidenschaftslosen Lebens der Jugendlichen verdeutlichen soll. Hier erfährt man, wie sehr Anonymität in Zusammenspiel mit Langeweile zu gefährlichen Dingen verleiten kann und welche Rolle die Vorbildfunktion der Eltern spielt.

Dieser Film hält uns ein Thema vor Augen, mit welchem wir uns freiwillig nicht befassen würden und gibt der Gesellschaft zu denken. Ein wahnsinnig realitätsnaher Film, der fast schon dokumentarisch wirkt. Er spart an keinen Details, schon gar nicht an der vulgären Sprache. „Butterfly Kisses“ ist eine schwere Kost, hat dafür jedoch einen großen Mehrwert und ist eindeutig weiterzuempfehlen.
14.02.2017, Eva Swiderski

No comments:

Post a Comment