Wieso eigentlich Kurzfilme?


Wenn mir früher Leute erzählten, dass sie an der Berlinale eigentlich die Kurzfilme am meisten schätzen, war ich immer sehr irritiert und verständnislos. Wieso soll ein so kurzer Film besser sein als Langfilme? Wie kann ein so kurzer Film das Publikum auf die gleiche Weise berühren wie ein Hauptfilm, bei dem man doch so viel mehr Zeit mit den Protagonisten verbringt?

Aus diesem Grund bin ich auch nie zu Kurzfilmprogrammen gegangen, weil ich sie als minderwertig empfunden habe. Doch das stimmt nicht. Sie sind keineswegs minderwertig und sie verdienen genauso viel Beachtung wie die Langfilme auch.
Das wurde mir heute mal wieder aufs Neue bewiesen, als ich im Kurzfilmprogramm 1 von 14Plus saß. Innerhalb von zwei Stunden sechs unterschiedlichste Filme schauen zu können, die jeweils ganz andere Perspektiven eröffnen, ist schon etwas Besonderes.

Die Filmemacher selbst sind meistens gerade am Anfang ihrer Karriere, da das Geld nicht für einen Langfilm reicht. Im Publikumsgespräch sind sie sympathisch und nervös, weil alles noch Neuland ist. Auch sind sie alle selbst gespannt, die Filme der anderen zu sehen, die sich ja in einer ähnlichen Situation befinden. Die Atmosphäre hier ist eine ganz andere mit so vielen Leuten auf der Bühne als im viel größeren HKW-Saal. Es ist viel intimer.
Ob Soldaten in Israel, die Konfrontation mit einer Kuh in der eigenen Wohnung oder die Thematisierung von ernsten Themen, wie dem Genozid an den kanadischen Ureinwohnern oder die Beschäftigung mit Geisteskrankheiten, sie alle schaffen es, den Blick auf etwas Bestimmtes zu lenken. Etwas, das es wert ist, thematisiert zu werden und es auch noch in nur so wenigen Minuten schafft, es dem Publikum zu vermitteln.

Manche berühren ganz persönlich, wenn es um das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Geborgenheit geht oder um die Feststellung, dass man mit seinem Leben nicht zufrieden ist und daran etwas ändern muss, während andere, unangenehm über schreckliche Vergangenheiten aufklären oder zeigen, wie es in anderen Teilen der Erde so zugeht.

Hervorheben möchte ich an dieser Stelle Wolfe. Dieser Film stach für mich aus der Masse heraus. Erinnernd an das auf Youtube gern genutzte Format „Draw My Life“, besteht dieser Film aus einem Wechsel an Porträtaufnahmen und Zeichnungen, die die Handlung unterlegen. Es ist unglaublich berührend, wie Nick die Geschichte über seine Geisteskrankheit erzählt, die er tatsächlich so erlebt hat. Es fesselt den Zuschauer, ist emotional und nimmt mit. Alles in allem ein sehr gelungener Film.

Zusammenfassend bleibt mir nur zu sagen, dass das Kurzfilmprogramm 1 von 14Plus meines Erachtens ein gelungener Mix aus Unwohlfühlen, berührt sein und totalem Verständnis ist, der es definitiv wert ist, gesehen zu werden.

13.02.2017, Sarah Gosten

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