Interview: Regisseurin von Ben Niao


Nach dem Film „Ben Niao“ hatte ich das Glück, der Regisseurin ein paar Fragen auf Chinesisch zu stellen, da so vieles offen geblieben ist. Auch spannend waren für mich einige Hintergrundinformationen über die Veröffentlichung des Filmes und die Thematik, die vor allem in China auf ganz andere Reaktionen trifft, als wir sie aus Deutschland kennen. Sie konnte sich für mich ein paar Minuten Zeit nehmen und bei einer netten Atmosphäre folgendes beantworten:

Freie Generation Reporter: „Wieso haben Sie den Film „Ben Niao“ (dt.: dummer Vogel) genannt?“

Huang Ji (Regisseurin): „Die Protagonistin möchte gerne etwas ausdrücken, aber weiß nicht wie. Letztendlich probiert sie es auf eine Art und Weise, wie ein dummer Vogel es tun würde, der nicht singen und fliegen kann.“

fGR: „Welche Szene war am schwierigsten zu drehen?“

Huang Ji: „Der Liebesakt im Hotel, denn beide Schauspieler sind Laiendarsteller und die Protagonistin ist erst 18 Jahre alt."

fGR: „Wie, glauben Sie, würden Chinesen auf diesen Film reagieren?“

Huang Ji: „Ich habe eine Umfrage bei Frauen durchgeführt, an der auch meine Oma, Stundenten und junge Mädchen teilgenommen haben. Ich fragte, wie sie sich beim ihrem ersten Mal gefühlt haben und keine einzige hat sich dabei wohl gefühlt. Mit Hilfe dieses Films wollte ich die Erfahrung des ersten Geschlechtsverkehrs der Meisten ausdrücken. Natürlich will man sich eigentlich nicht mit solchen komplexen, negativen Themen wie Schmerz und Schade konfrontieren. Uns wollen immer nur die schönen Dinge in Erinnerung bleiben. Aber gerade mit solchen Themen, sollte man sich meiner Meinung beschäftigen. Denn erst, wenn man sich mit diesen auseinandergesetzt hat, kann man nach einer Lösung suchen. Wenn das nie passiert, hat man von Anfang verloren. Außerdem können wir aus schmerzhaften Erfahrungen auch Kraft schöpfen."

fGR: „Woran, denken Sie, können die schlechten Erfahrungen beim Ersten Mal liegen?"

Huang Ji: „In dem Bildungssystem der chinesischen Schulen gibt es keine Aufklärung. Dieses Thema wird dementsprechend gar nicht behandelt und dadurch weiß keiner, wie man das richtig angeht."

fGR: „Haben Sie Kritik von dem chinesischem Regime in Form von Zensierung oder gezwungenen Einschränkungen erlebt?“

Huang Ji: „Bis jetzt noch nicht, wir sind immer in Kontakt gewesen und ich bin noch der Hoffnung, dass nichts zensiert wird. Wie groß diese Chance ist, weiß ich allerdings nicht.“

fGR: „Wieso haben Sie sich dazu entschieden, so wenig wie möglich Musik zu verwenden?“

Huang Ji: „Ich wollte den Film so authentisch und minimalistisch wie möglich erhalten, also keine zusätzlichen Effekte verwenden, um ihn nicht durch Musik von den Emotionen abzulenken und ihn objektiv erscheinen zu lassen."

fGR: „In dem Film gibt es viele Szenen, in denen man die Protagonistin von Ort zu Ort Fahrradfahren sieht. Welche Bedeutung hat das?"

Huang Ji: „Das Herz von Lynn fühlt sich schwer an. Sie kann sich, wie ein dummer Vogel, der nicht fliegt, nur sehr langsam bewegen. Sie benutzt mit Absicht kein Motorrad oder den Bus, denn sie braucht für alles ihre Zeit. Das langsame Tempo spiegelt sich generell im Erzähltempo des Filmes und eben in der Fortbewegung wieder."

fGR: „Was wollten Sie mit der Anfangsszene, die den Großvater mit einer Segnung von rohen Innereien, zeigen?“

Huang Ji: „Damit wollte ich den Stellenwert des Aberglaubens und die chinesischen Tradition verdeutlichen."

fGR: Vielen Dank für das Interview, es war interessant, genauere Erklärungen von Ihnen zu dem Film zu hören.
13.2.2017, Eva Swiderski

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